Der Tod von Surab Shwania

Politischer Todesfall in Georgien

Im November 2003 gab es in Georgien einen nicht ganz friedlichen Machtwechsel. Anfang November hatte es Wahlen zu einen neuen Parlament in Georgien gegeben. Auch drei Wochen später waren die letzten Stimmen noch nicht ausgezählt, es gab Vorwürfe massiven Wahlbetrugs gegen den amtierenden Präsidenten Schewardnadse. Am 22. November 2003 lief die Frist zur konstituierenden Sitzung des Parlaments ab. Als Schewardnadse die Sitzung eröffnen wollte, stürmten Menschen das Parlament. Der frühere Bürgermeister von Tbilissi, Micheil Saakaschwili, drang ans Rednerpult. 

Mit der „Rosenrevolution“, wie dieser Machtwechsel später genannt wurde, kam eine neue Riege von Politikern in Georgien an die Macht. Der später autokratisch regierende Saakaschwili hatte als Übergangspräsidentin Nino Burdshanadse an der Seite. Premierminister wurde Surab Shwania. 

Zur Person: Surab Shwania

Shwania wurde am 9. Dezember 1963 in Tbilissi geboren. Er schloss 1980 die Schule ab und machte 1985 seinen Abschluss in Biologie an der staatlichen Iwane Dshawachischwili Universität in der Hauptstadt. 

In die Politik trat Shwania Ende der 80er Jahre mit der beginnenden Ablösung Georgiens aus der Sowjetunion ein. Er war Vorsitzender der georgischen Grünen und stand in Opposition zum Präsidenten Swiad Gamsachurdia. 

Nach dem Machtwechsel zum neuen Präsidenten Schewardnadse 1992 war Shwania eine der führenden Personen in der Bürgerunion Schewardnadses. Er wurde im gleichen Jahr ins Parlament gewählt. 1995 wurde er zum Parlamentspräsidenten gewählt. 

Die Zusammenarbeit mit Schewardnadse brach in den Folgejahren zusammen. Im Jahr 2001 trat Shwania vom Amt des Parlamentspräsidenten zurück, ihm folgte Nino Burdshanadse. Shwania wollte damit gegen die Politik Schewardnadses protestieren, insbesondere gegen die Versuche, den seinerzeit nicht regierungstreuen Privatsender Rustawi 2 mundtot zu machen. Eine Razzia bei dem Sender löste ein größeres Stühlerücken in der Regierung Schewardnadse aus. 

Im gleichen Jahr gründete Shwania die Vereinigten Demokraten, mit denen er auch an der Wahl zu einem neuen Parlament am 2. November 2003 teilnahm. Nach der offenkundigen Fälschung der Wahl kam es drei Wochen lang zu Massenprotesten in Tbilissi, die mit der Ablösung Schewardnadses und der „Rosenrevolution“ endeten. 

Nach dem Machtwechsel wurde Shwania zuerst Staatsminister. In der Folge der Wahlen im Februar 2004 ernannte der neue Präsident Micheil Saakaschwili zum Premier nach der Schaffung des Postens. 

In den vergangenen Monaten hatte Shwania Verhandlungen mit den Führern der abtrünnigen georgischen Teilrepublik Südossetien geführt. Ein weiteres Tätigkeitsfeld Shwanias waren die Privatisierungen von Staatsbetrieben, die er gerade Anfang 2005 vorangetrieben hatte. Ein weiteres Ziel Shwanias war die Integration Georgiens nach Westeuropa.

Tod am 3. Februar 2005

Am 3. Februar 2005 wurde Shwania tot in der Wohnung eines Bekannten in Tbilissi aufgefunden. Der Bekannte war ebenfalls tot. Recht schnell verbreitete sich die Information, dass beide durch eine Vergiftung mit Kohlenmonoxid gestorben seien, die von einer falsch montierten Gasheizung her gerührt habe. Der iranische Hersteller der Heizung wies die Vorwürfe zurück. Shwania war bei seinem Tod 41 Jahre alt. Er hinterließ eine Frau und drei Kinder. 

Zu den Todesumständen hieß es, dass Shwania jede Viertelstunde von seinen Leibwächtern angerufen worden sei, um zu klären, ob alles bei ihm in Ordnung sei. Gegen Mitternacht sei Shwania in die Wohnung gegangen. Als er nicht ans Mobiltelefon gegangen sei, habe man gegen 4:30 die Tür geöffnet und die beiden Leichen gefunden. 

Die Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen in diesem Todesfall, auch das FBI wurde eingeschaltet. 

Schon wenige Tage nach dem Tod von Shwania gab es erste Zweifel an der Todesursache. Dies basierte vor allem auf der Tatsache, dass es Journalisten verwehrt wurde, den Tatort in Augenschein zu nehmen. Auch später hatten Journalisten keine Gelegenheit, die vom FBI präsentierten Indizien genauer aufzunehmen. Dafür habe es  bereits vorgefertigte Filme der Behörden gegeben. Vorwürfe gingen auch in die Richtung, dass Beweise am Tatort nicht gesichert worden seien. 

Beerdigung auf Friedhof Didube

Am 6. Februar 2005 fand die Trauerfeier für Shwania in der Sameba-Kathedrale in Tbilissi statt. An der Veranstaltung nahmen mehrere Tausend Menschen teil, darunter auch Politiker aus dem Ausland. Die sterblichen Überreste von Shwania wurden dann auf dem Friedhof Didube bestattet, auf dem auch andere Prominente aus Georgien ihre letzte Ruhe fanden. 

FBI bestätigt Unfalltheorie

Mitarbeiter des FBI haben den Tatort rund eine Woche nach dem Tod der beiden Männer untersucht. Einen Monat später veröffentlichte das FBI seinen Abschlussbericht, nach dem Shwania und der Besitzer der Wohnung durch Kohlenmonoxid ums Leben gekommen sein sollten. 

Zu diesem Zeitpunkt hatte es bei einigen Personen des öffentlichen Lebens bereits Zweifel daran gegeben, dass dieser Tod wirklich ein Unfall gewesen sein sollte. Diese Personen berichteten später darüber, dass sie anschließend Morddrohungen erhalten hätten. 

Der Bruder des Toten, Giorgi Shwania, äußerte ebenfalls Zweifel an der Theorie der Behörden. Seine Familie habe eigene Untersuchungen anstellen lassen, die einige wichtige Frage unbeantwortet gelassen hätten. So habe man weder Fingerabdrücke seines Bruders noch des zweiten Toten in der Wohnung gefunden, in der beide Leichen gelegen hätten. Auch habe man Zigarettenstummel gefunden, die nicht aussahen, als habe Shwania sie geraucht. Er habe eine ganz spezielle Art gehabt, Zigaretten nur halb zu rauchen. Man habe Dutzende von Zigaretten in der Wohnung gefunden, aber nur eine habe sein Bruder geraucht, berichtete Giorgi Shwania. Zudem habe das FBI festgestellt, dass die Gasheizung perfekt funktioniert habe, eine Vergiftung also vorsätzlich hätte erfolgen müssen. 

Ermittler wurde erschossen

Dass Morddrohungen in diesem Fall sehr ernst zu nehmen sind, zeigt ein Vorfall drei Monate später. Der Leiter des Forensischen Büros Georgiens hatte die Heizung untersucht, die nach Ansicht der Behörden den Tod der beiden Männer verursacht haben sollte. Drei Monate später wurde er erschossen. Der Mann, der den Mord verübt haben sollte, konnte nicht mehr aussagen. Er wurde selbst durch Schüsse getötet. Nach Angaben der Polizei soll der mutmaßliche Mörder Selbstmord begangen haben. Dies ist allerdings recht zweifelhaft, weil er zwei tödliche Einschüsse in Kopf und Herzgegend aufwies, was bedeutet, dass er sich, bereits tot, noch einen zweiten Todesschuss hätte setzen müssen. 

Keine neuen Fakten

Nach dem demokratischen Machtwechsel in Georgien Oktober 2012 hatte es Versprechungen der neuen Regierung gegeben, den Fall Shwania neu aufzurollen. Passiert ist in dieser Sache nichts. 

Weitere Informationen

In den Georgien Nachrichten hatten wir im Jahr 2005 zeitnah über den Fall berichtet. 

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