Der Recke im Tigerfell

Das georgische Nationalpoem

Eines der wichtigsten Werke der georgischen Literatur ist das Meisterwerk "Der Recke im Tigerfell" von Schota Rustaweli, dessen Herkunft und Leben ebenso wie sein genaues Geburts- und Sterbedatum im Dunkeln liegen. Man vermutet, daß der Autor in der Akademie von Ikalto erzogen wurde, wo er nicht nur mit der klassischen und christlichen Literatur in Berührung kam, sondern auch mit den literarischen Traditionen des Orients. Er soll Geheimschreiber der Königin sein, in die er sich verliebte, weshalb er den Hof verließ, um seine letzten Jahre im Kreuzkloster von Jerusalem zu verbringen. Sein Versepos "Der Recke im Tigerfell" ist ein Hohelied auf das wahre Rittertum, dessen wichtiges Attribut ein edelgesinnter, sich über alle nationalen und religiösen Grenzen hinweghebender Geist ist.

Könige als Autoren in Georgien

Selbst in den dunkelsten Jahrhunderten der persischen und osmanischen Eroberungen entstanden beachtliche Werke, deren Autoren oft die Könige selbst waren, wie Teimuras I. (1589-1663) und Artschil II. Sie alle standen unter dem Einfluss der persischen Dichtkunst, der sie sich als Patrioten widersetzten und deren Zauber sie sich als Dichter nicht entzogen.

Wachtang VI. (1675-1737), der als Staatsmann fast gänzlich zur Wirkungslosigkeit verurteilt war, erwarb sich Verdienste als Gelehrter, Dichter, ritiker und Übersetzer. Seiner Initiative ist die Entstehung der ersten Druckerei auf georgischem Boden zu verdanken, in der 1712 die erste gedruckte Ausgabe des "Recken im Tigerfell" erschien. Kurze Zeit später veröffentlichte der Erzieher Wachtangs, Fürst Sulchan-Saba Orbeliani (1658-1725), das erste Begriffswörterbuch der georgischen Sprache sowie seine freien Übersetzungen einiger Lafontaine’scher Fabeln, die er unter dem Titel "Weisheit der Lüge" zusammenfaßte.