Polyphoner Gesang in Georgien

Mehrstimmiger Gesang in georgischen Regionen

Das am weitesten verbreitete Merkmal der Musik in Georgien ist der polyphone Gesang. Diese Form des Gesangs ist in allen Regionen in Georgien zu finden. Meist sind dabei drei Stimmen im Spiel: 

  • Erste Stimme: Modzacheli („Der Anrufer“),
  • Zweite Stimme: Mtkmeli („Der Erzähler“)
  • Untere Stimme: Bani (Bass) 

In der Musikwissenschaft gilt es als gesichert, dass der polyphone Gesang in Georgien auf die Zeit der Einführung des Christentums im Land zurückgeht, also bis ins 4. Jahrhundert zurück datiert werden kann. Gerade bei Gottesdiensten und christlichen Liedern kommt der polyphone Gesang oft zum Einsatz. 

Die Regionen in Georgien unterscheiden sich dabei in der musikalischen Ausführung des Gesangs. In der Kernregion Georgiens Kartli und Kacheti setzt man auf zwei melodische Linien, die sich auf der Basis der Bassstimme entfalten. In den westgeorgischen Regionen Adschara, Imereti, Samegrelo und Guria setzt man eher auf kontrapunktischen Gesang. Dort hört man auch eine Art des Gesangs, die man sonst nur aus dem Alpenraum kennt: das Jodeln, auf georgisch „Krimantschuli“ genannt.

Tonarten und Harmonien

Allen Regionen in Georgien gemein ist der Gebrauch dissonanter Harmonien. Zudem nutzt der Gesang Modulationen und ungewöhnliche Wechsel der Tonart. Typisch für die georgische Musik ist zudem, dass man nicht nur mit Halbtonschritten arbeitet, sondern die Tonleitern bis in Viertel- und Achteltonschritte auflöst. 

Traditionell basiert der polyphone Gesang in Georgien auf Quarten und Quinten. Erst mit der Öffnung des Landes im 20. Jahrhundert hat man den Gesang an die temperierten Tonleitern der westlichen Welt angepasst. In den 1980er Jahren begannen einzelne Ensembles in Georgien wie der Antschischati Chor und das Ensemble Mtiebi dann damit, die traditionelle Art des Gesangs wieder mehr in den Vordergrund zu rücken.