Kacheti: Religiöse und akademische Zentren in Ostgeorgien
Die Region Kacheti in Ostgeorgien ist ein Kernland der georgischen Geschichte und der Entwicklung eines georgischen Staates. Heute noch zeugen viele Kirchen und Klöster sowie akademische Zentren von der Geschichte und dem Kulturerbe in Georgien. Dies gilt nicht nur das Goldene Zeitalter in Georgien vor knapp 1.000 Jahren, sondern auch für die Zeiten, als Eroberer in Georgien eingefallen sind. Viele Kirchen und Klöster in Kacheti sind Zeugen dieser wechselvollen Geschichte und in den letzten Jahren aufwändig renoviert worden. Wir stellen Ihnen hier eine Auswahl von Kirchen, Klöstern und einer Akademie vor, die Sie in Kacheti besuchen können.
Kloster Alawerdi am Alasani in Kacheti
Das Alawerdi-Kloster bei Telawi ist eines der bedeutendsten Heiligtümer der georgisch-orthodoxen Kirche. Der Bau ist schon beim Näherkommen beeindruckend: Anders als in anderen Teilen Georgiens, das ja bekanntlich zu rund 80% aus Gebirgen besteht, steht das Alawerdi-Kloster in der Ebene, die der Alasani über die Jahrtausende hinweg angeschwemmt hat. Die Kirche erhebt sich monumental über die Ebene und ist bei der Anfahrt schon aus mehreren Kilometern Entfernung zu sehen. Es ist daher auch nicht ganz einfach, das Kloster mit dem Fotoapparat in einem Blick zu erfassen, wenn man nicht gerade eine Drohne bei sich hat. Man kann sich aber auch neben der Straße in ein Feld stellen und hat dann einen guten Blick auf das gesamte Bauwerk.
Der Kirchenbau ist mit 53 m Höhe die zweithöchste Kirche in Georgien, nur die Sameba-Kathedrale in Tbilissi ist höher. Von der Größe her ist sie nach Sameba und der Swetizchoweli-Kathedrale in Mzcheta die drittgrößte Kirche in Georgien. Wie auch andere religiöse Bauten der georgisch-orthodoxen Kirche ist das Kloster mit den Jahren dem Verfall geweiht gewesen. Dies ist zum Glück mittlerweile Geschichte. Dabei haben nicht nur Wetter und russische Einflüsse eine Rolle gespielt. Ein Erdbeben im Jahr 1742 hat große Zerstörungen an der Kirche angerichtet, die in den folgenden Jahren ausgebessert wurden.
Geschichte des Kloster Alawerdi
Die Geschichte des Alawerdi-Klosters reicht bis ins 4. Jahrhundert zurück. Als wichtige Person dabei fungiert Ioseb von Alawerdi, einer der 13 Syrischen Väter aus dem 6. Jahrhundert, die das Christentum nach 337 nach Georgien brachten. Die erste Kirche wurde im 11. Jahrhundert durch einen neuen und größeren Bau ersetzt.
Bereits in der sowjetischen Zeit begann man mit Renovierungsarbeiten am Alaverdi-Kloster. Im Jahr 1967 entdeckte man dabei Fresken mit Bildnissen berühmter Persönlichkeiten sowie bislang unbekannte architektonische Besonderheiten. Seit dem Ende der Sowjetunion und mit der Unabhängigkeit Georgiens 1991 hat man angefangen, das Kloster von Grund auf zu renovieren, was nicht nur die Gebäude selber betrifft, sondern auch die Gärten und umliegenden Einrichtungen. Dies ist kein schneller Prozess, die Arbeiten laufen seit mindestens 2003, wie eine Bilderserie an mehreren Stellen vor dem Kloster zeigt. Dort sieht man nicht nur Bilder der verschiedenen Phasen der Arbeiten zur Renovierung. Ältere Bilder, zum Teil in schwarz-weiß, zeigen den bedauernswerten Zustand des Alawerdi-Klosters in früherer Zeit, eine Aufnahme ist auf das Jahr 1960 datiert, also noch die Zeit der Sowjetunion. Ein Schild deutet auf weitere archäologische Ausgrabungen hin. Somit sind einige Teile des Klosters nicht für die Öffentlichkeit zugänglich; dies gilt allerdings auch für die Wohnbereiche der Mönche und die Gärten. Im bereits renovierten Bereich macht das Kloster heute bereits einen recht aufgeräumten Eindruck.
Im Innenraum des Kloster hat, wie man auch in dieser Kirche sehen kann, der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen. Viele Fresken sind nicht mehr oder nur noch bruchstückhaft oder ausgebleicht zu erkennen. Was man jedoch betrachten kann, ist bemerkenswert und führt den Betrachter in die Welt des Glaubens. Dies gilt für die Optik.
Mehr Informationen zum Kulturerbe in Georgien: Alawerdi-Kloster
Zum Zeitpunkt unseres Besuchs am Ende des von Corona geprägten Sommers 2021 waren nicht viele Touristinnen und Touristen außer uns in der Kirche. Wenn man die Tür hinter sich geschlossen hat, umfängt einen gleich eine ganz andere Atmosphäre. Man lässt die Helligkeit des mittäglichen Sonnenlichts hinter sich und taucht ein in eine schimmernde Dämmrigkeit. Aber vor allem: Zum Zeitpunkt unseres Besuchs hielten sich incl. eines Mönchs zur Aufsicht und uns gerade einmal fünf Personen im Innenraum des Kirchenschiffs auch. Versuchen Sie das mal im Kölner Dom! Es gab also keine Hintergrundgeräusche von Menschen und keine Geräusche klickender Kameras. Schon ein paar Sekunden nach dem Eintritt in den Raum betritt man akustisch eine ganz andere Welt. Der Raum baut sein eigenes Echo auf, man wird von der Wahrnehmung in eine andere, mystische Existenz enthoben. Hinzu kommt, dass die DJs der Kirche ein musikalisches Programm polyphoner Gesänge der georgisch-orthodoxen Tradition zusammengestellt haben, das diesen Eindruck noch weiter untermauert. Man fühlt sich also, zumal wenn man wie ich diese Gesänge zu seinen Favoriten zählt, gleich der Wirklichkeit entrückt und hineingezogen in eine mythische Welt, unabhängig davon, ob man gläubig ist oder nicht.
Akademie Ikalto in Kacheti
Das Ikalto-Kloster (andere Schreibweise: Iqalto-Kloster), so klein es sich heute in den sichtbaren Überresten darstellt, war als Akademie Ikalto über Jahrhunderte hinweg das wichtigste geistige und wissenschaftliche Zentrum in Georgien. Wie in Deutschland und anderen Ländern Europas dienten auch in Georgien die Klöster nicht nur dazu, Mönchen oder Nonnen einen Unterschlupf zu gewähren. Sie hatten in der Zeit vor dem Buchdruck und dem Internet die Aufgabe, für Bewahrung und Verbreitung des Wissens zu sorgen. Zudem gab es auch landwirtschaftliche Aufgaben.
Die Gründung des Klosters Iqalto lässt sich bis ins 6. Jahrhundert zurück verfolgen. Gründervater in Senon Ikaltoebi (andere Schreibweise: Zenon Iqaltoebi), einer der 13 Syrischen Väter, die seinerzeit die Grundlagen des Christentums in Georgien legten.
Im 12. Jahrhundert wurde auf Veranlassung des georgischen Königs David der Erbauer die Akademie Ikalto neben der Akademie in Gelati aufgebaut. Beide zusammen bildeten über viele Jahre die wichtigsten wissenschaftlichen Zentren in Georgien.
Die Akademie Iqalto wurde 1616 beim Einfall der Perser zerstört. Später im Jahr 1752 gründete man eine Hochschule in Telawi, die zuerst eine theologische Ausrichtung hatte und ihre Fächer seit dem 19. Jahrhundert ständig erweitert hat.
Man betritt die Akademie Ikalto wie bei vergleichbaren Immobilien der georgisch-orthodoxen Kirche durch ein Tor in einer Mauer. Was gleich auffällt: Es gibt eine große Reihe von Quewris, die hier neben dem Weg und im hinteren Teil der Anlage aufgereiht sind.
Das Gebäude der Kirche hat mit der Zeit einige Risse davon getragen. Zum Zeitpunkt unseres Besuches Ende des Sommers 2021 war der Innenraum eingerüstet, alle vier Bögen, die die Kuppel des Kirchenschiffes tragen, sind mit Stahlträgern und Holzverschalungen abgestützt. Man kann den Innenraum trotzdem betreten, muss allerdings die Beine etwas anheben. So richtig genießen kann man Fresken, Innenraum, Akustik und Lichtverhältnisse deswegen gerade leider nicht.
Weiter hinten neben der Kirche selber stehen die Überreste der alten Akademie und Wirtschaftsgebäude. Hier lässt sich der Zweck einiger Räume erahnen: In den Boden eines der Räume sind Löcher gemauert, hier hat man mehrere Kwewris in den Boden eingelassen, um auf traditionelle Art georgischen Wein herzustellen.
Auch im hinteren Bereich sind viele Kwewri nebeneinander abgelegt. Man kann an den dicken Hälsen der aus Ton gebrannten Gefäße erkennen, dass es sich um die Bauart aus Kacheti handelt. Die Kwewris aus Westgeorgien haben einen weniger dicken Hals.
Altes Schuamta
Das Kloster Altes Shuamta ist eines der ältesten Kloster in Georgien, seine Geschichte greift bis ins 5. Jahrhundert zurück. Mit einem Kirchenbau aus dieser Zeit bietet dieses Kloster eines der ältesten architektonischen Relikte aus der frühen Zeit der georgisch-orthodoxen Kirche.
Telawi liegt an der Grenze des Tals, das der Alasani in den Kaukasus und seine Ausläufer gegraben hat. Von Telavi aus nach Norden und Osten weitet sich die Ebene, nach Süden und Westen hin steigen die Berge an. An einer solchen Abdachung haben Mönche der georgisch-orthodoxen Kirche vor 1.500 Jahren Klöster angelegt.
Von der Straße zwischen Telawi und dem Gombori-Pass aus erreicht man eine Stichstraße, die zuerst am Kloster Neues Schuamta vorbeiführt. In einer Höhe von 1.015 m über NN endet die Straße am Kloster Altes Shuamta. Durch ein Tor am Garten der Mönche vorbei erreicht man zwei Kirchenbauten, die im gleichen Stil wie das Dshwari-Kloster errichtet sind. Diese Bauten zeichnen sich durch recht kleine Apsiden aus, was den Raum der Kuppel entsprechend vergrößert. Fresken findet man in der Kirche eher nicht, ebenso wenig Inschriften. Der Innenraum wirkt auch bei Sonne eher düster, der spirituellen Wirkung dieser Bauwerke tut dies keinen Abbruch, im Gegenteil. Die kleinere, hinten gelegene Kirche stammt aus dem 5. Jahrhundert, der größere Bau davor aus dem 7. Jahrhundert. Eine Besonderheit bei dem größeren Kirchenbau ist eine angebaute Apsis mit Chorgestühl und Altar vorhanden, an denen man zum eigentlichen Kirchenschiff läuft.
Das Kloster wurde im 16. Jahrhundert geräumt. Es geht die Legende, dass hier Georgier von den Persern geköpft wurden, weil sie sich weigerten, zum Islam zu konvertieren.
In den letzten Jahren gab es am Kloster Arbeiten zur Renovierung. Seit 2008 ist das Kloster wieder in einem hergerichteten Zustand zugänglich.
Neues Shuamta
Nach der Aufgabe des Klosters Altes Schuamta gründete Tinatin Gurieli, die Frau des kachetinischen König Levan II. (1520 - 1570) das Kloster Neues Schuamta. Dazu gibt es eine Legende: Beide wollten heiraten. Tinatin hatte den Traum eines blühenden Buschs und die Hochzeit mit einem Prinzen. Als sie auf der Reise durch Kachetien war, traf sie auf einen Platz, der dieser Vorstellung entsprach und ließ dort ein Kloster errichten. Die Ehe mit Levan II. war nicht so glücklich, Tinatin ließ sich scheiden, er nahm ihr dafür die Kinder weg. Tinatin ging als Nonne in das von ihr gegründete Kloster und wurde hier begraben. Ein weiteres berühmtes Grab ist das von Alexander Tschawtschawadse.
Das Kloster ist größer als das Alte Schuamta ausgeführt. Über ein Tor erreicht man den Platz vor der Kirche, diese ist auf drei Seiten von einem Gang umgeben, der von der Architektur an Schlösser und Burgen aus der Gotik erinnert. Zum Zeitpunkt unseres Besuches im September 2021 war die Basilika nicht zugänglich, weil der Kirchenbau gerade renoviert wurde.
Nekresi-Kloster bei Kwareli
Es ist schon bemerkenswert, wie man in früheren Zeitaltern die Lage von Immobilien im Unterschied zu unserer heutigen Zeit bewertete. Während man heute im Zeitalter des Handels, des Verkehrs und der Informationsgesellschaft auf gute Verbindungen achtet, war in früheren Jahrhunderten eher eine gut zu verteidigende Lage wichtig. Ein schweißtreibendes Beispiel dafür ist das Kloster Nekresi.
Mit der Einführung des Christentums im 4. Jahrhundert in Georgien begann man mit dem Bau von Kirche und Klöstern. Wichtig für die Gründung der Religion in Georgien waren dabei die 13 Syrischen Väter, die den Grundstein für mehrere Klosterbauten in Georgien legten. Einer von ihnen war. Einer von ihnen war Abibos von Nekresi.
Im 4. Jahrhundert entstand das Kloster Nekresi auf einem Bergsporn über dem Tal des Alasani. Wenn man zum Kloster hochsteigt oder sein Auto den gut gepflasterten Weg die ordentliche Steigung hochgejagt hat, genießt man eine hervorragende Aussicht über das Tal. Der Standort ist gut zu verteidigen, hat eine hervorragende Weitsicht und ist zugleich leicht erreichbar. In Nekresi entstand die Bischofskirche, die bis ins 19. Jahrhundert existierte. Das Bistum hatte eine Ausdehnung über Kacheti hinaus bis nach Dagestan. Das hier nicht nur religiös gearbeitet wurde, zeigt eine Weinkelterei auf dem Gelände des Klosters und mehrere in die Erde eingelassene Kwewris.
Der Sonnentempel oder Feuertempel von Nekresi
Vom Kloster aus gut zu sehen ist eine etwas ältere Anlage: Archäologische Ausgrabungen brachten eine Anlage aus den ersten beiden Jahrhunderten nach der Zeitenwende zum Vorschein. Vom Rand des Klostergeländes hat man eine hervorragende Aussicht auf die archäologische Fundstätte. Dabei soll es sich um einen Sonnentempel handeln.
Nach dem aktuellen Stand der archäologischen Forschung stammt der Komplex aus dem 2. oder 3. Jahrhundert nach Christus. Im 5. Jahrhundert wurde die Anlage zerstört. Die Überreste des Tempels wurden bei Grabungskampagnen in den Jahren 1984 bis 1993 ausgegraben. Zu diesem Zeitpunkt kam man zu der Überzeugung, dass es sich bei dem Tempel um einen Feuertempel des Zarathustrismus handelt. Diese Religion kommt aus Persien und gilt als Vorläufer des Christentums und des Islam. Es gibt mehrere Fundstätten in Georgien, die auf diese Religion hinweisen.
Eine Grabungskampagne im Jahr 2004 kam zu einem anderen Schluss. Nach Ansicht der neueren Forschung soll es sich bei der Fundstätte in Nekresi um einen Sonnentempel handeln. Darauf, so die Arbeitshypothese der Archäologen, deute die Ausrichtung mehrere Teile des Gebäudes hin, die nach den Wendepunkten der Sonnen bei Sommer-und Wintersonnenwende ausgerichtet seien.