Borjomi: Zum Ursprung des Wassers

Immer den Mtkwari entlang

Der montägliche Verkehr flutet durch die Straßen von Tiflis, als wir zu unserer Reise nach Imereti aufbrechen. Auf der Straße nach Mzcheta lassen wir die Großstadt rasch hinter uns. Wer den Verkehr und die Straßen Deutschlands gewohnt ist, der fühlt sich angenehm überrascht - man fährt auf einer autobahnähnlich ausgebauten Straße, die im Gegensatz zu den gestreßten Straßen der Innenstadt von Tiflis nur recht selten mit Schlaglöchern aufwartet. Der Straßenzustand erinnert mich an die A57 auf dem Weg nach Köln, auf der ich oberhalb der 140 Stundenkilometer auch lieber jegliche Konversation einstelle, um mir nicht auf die Zunge zu beißen. Die Menge der Autos hält sich im Vergleich zur A57 allerdings in Grenzen, eine Entspannung im Vergleich zu Deutschland. Das Djwari-Kloster grüßt von seinem Bergsporn herunter, als wir durch Mzcheta fahren. Für lange Zeit ist die Kirche, kühn auf den Berg gesetzt, unser optischer Begleiter auf der Reise in den Westen.

Als wir die Stadt hinter uns haben, biegen wir nach Gori ab. Vor uns erstreckt sich der Beginn der Georgischen Heerstraße, Ziel der Beschreibung einiger Schriftsteller und Nabel der Verbindung zwischen Russland und Georgien seit 2 Jahrhunderten. Große Schilder weisen die Entfernung nach Wladikawkaz auf der russischen Seite aus, der Kazbeg kündigt sich an, aber dieses Abenteuer heben wir uns für einen späteren Besuch in Georgien auf.

Wir folgen dem Lauf des Mtkwari, fahren seiner Strömungsrichtung entgegen. Neben der Straße sind die Felder erblüht, ich halte an, um ein Feld mit ebenerdigem Weinanbau zu fotografieren. Parallel zur Straße ziehen sich die Rinnen zur Bewässerung der Felder hin, nach der Dürre im letzten Jahr scheint sich die Landwirtschaft nun erholt zu haben. In Georgien hat es wie in Deutschland auch in diesem Frühjahr einiges an Regen gegeben, in den niedrigen Tallagen war das Wetter in den drei Wochen unseres Aufenthalts allerdings wesentlich attraktiver als vor unserem Abflug in Deutschland.

Gori kündigt sich mit den üblichen Verkaufsständen am Straßenrand an. Dort herrscht Betriebsamkeit, die wir aus dem Auto registrieren, die Menschen erledigen ihre Einkäufe um die Mittagszeit. Wir passieren einige Ruinen der sowjetischen Industrie, die wie in allen Staaten der GUS dem Betrachter vom Niedergang der Wirtschaft seit dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion verkünden. Wie auch in der Hauptstadt selber fühle ich mich an meine Aufenthalte in Halle und Schwerin zu Beginn der 90er Jahre erinnert, leider fehlt auch hier das Geld, um die Wirtschaft neu zu beleben. In dieser Stadt wurde Jossif Dshuraschwili geboren, später bekannt als Josef Stalin. Da wir ihn alle nicht verehren, sparen wir uns den Abstecher zu seinem Museum. Später können wir in der Zeitung lesen, das just zu der Zeit, als wir durch Gori fahren, der Samowar Stalins aus diesem Museum von einem eilfertigen Verehrer des Generalissimus entwendet wurde.

Durch Chaschuri nach Bordshomi

In Chaschuri biegen wir am großen Kreisverkehr nach links ab, Richtung Borjomi. Für 10 Kilometer fahren wir durch ein breites Tal, die Sonne scheint durch die Baumkronen der langen schnurgeraden Allee, vor uns baut sich respektvoll das Trialetische Gebirge auf. An einer Linkskurve sehen wir den Mtkwari wieder, der Fluss ist bis Borjomi unser treuer Begleiter und sorgt für einige postkartenreife Panoramen. Zwei Wochen waren wir in Tiflis, jetzt verstehe ich die Statistik vom Waldreichtum Georgiens. Die Straße folgt dem natürlichen Verlauf des Flusses. Uns kommen einige deutsche und türkische Lkws entgegen, diese Strecke bietet sich als eine der möglichen Transitrouten an, wenn man von der Türkei aus nach Tiflis fährt. Eine der landschaftlich reizvollsten ist sie allemal.

Borjomi kündigt sich mit einem Denkmal aus der Zeit der Sowjetunion an, der Name der Stadt ist in drei Alphabeten dargestellt. Auf der anderen Seite des Flusses liegt die Fabrik, in der die Flaschen gefüllt werden, aus der wir in Tiflis unseren Durst gestillt haben. Im Stadtzentrum biegen wir nach links ab und halten vor dem Kurpark. Ein Führer bietet uns seine Dienste gratis an und erzählt uns einiges über die Geschichte der Quelle und den Zaren, der hier seine Sommerresidenz aufbaute, nachdem sich die Wirkung der Heilquelle aus Borjomi herumgesprochen hatte.

Der Kurpark in Borjomi

Der Spaziergang durch den Kurpark zeigt die traurigen Spuren des Verfalls. Bis zum Zusammenbruch der sozialistischen Welt war dies einer der begehrtesten Kurorte des Ostens, heute finden sich hier die Spuren der Konflikte in Georgien. Es ist Teil der Politik Schewardnadses, die Flüchtlinge aus Abchasien nicht zu integrieren, sondern sie als politisches Faustpfand zu nutzen und in den Hotels des Landes unterzubringen. Die touristische Infrastruktur Georgiens stellt dies vor Probleme, Gäste kommen privat unter. Der Park selber zeigt bei genauer Betrachtung, daß seit 10 Jahren kein Geld mehr in die Unterhaltung der Infrastruktur gesteckt wurde. Im Gegensatz dazu erstrahlt das Kurhaus frisch wie am ersten Tag, die Schatten spendenden Bäume und die landschaftliche Schönheit zeigen dem Besucher, warum es den Zaren hierhin zog.

Das Wasser aus der Heilquelle selber ist manchen Kindern aus Georgien in schlechter Erinnerung, wer trinkt schon gerne Mineralwasser, das in Körperwärme aus der Erde kommt, auch wenn seine Wirkung überzeugend ist? Der Heilbrunnen im Park ist frei zugänglich, wer den Park verläßt, findet rund 200 Meter weiter den Zugang zu einer gekühlten Quelle. Man steht am frühen Nachmittag in einer kleinen Schlange, denn was hier gekühlt aus dem Hahn kommt, mit leichter natürlicher Kohlensäure versetzt, ist eine Köstlichkeit und landet kostenlos in unseren Trinkflaschen.

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Übersicht aller Reiseberichte Georgien 2001

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