Likani: Wir gehen an die Grenzen
Wandern im Naturpark Borjomi-Charagauli in Georgien
Es ist 12 Jahre her, dass ich zum ersten Mal an der Grenze des Naturparks Borjomi-Charagauli war. Seinerzeit waren wir auf der Nordseite in Kwebi und versanken zwei Tage lang in Nebel und Schlamm. Nun wollen wir es auf der Südseite versuchen. Wir haben für eine Woche lang eine Ferienwohnung in Likani gebucht.
Das Dorf liegt rund 6 km entfernt von Borjomi ein Stück weiter den Mtkwari hinauf. Dort führt eine Straße das Tal hinauf, links und rechts der Straße sammeln sich die Häuser des Dorfs. Am Ende geht es nur mit den Geländewagen weiter ins Gebirge. Oder zu Fuß. Denn hier ist die südliche Grenze des Naturparks.
Suche nach Wohnung und Bären
Wir fahren zu der gebuchten Wohnung. Nun ja, auf den Bildern sah alles so schön aus... Wir finden dann ein paar Meter den Berg herunter eine weitere Wohnung, die uns besser gefällt. Dort schlagen wir unser Lager für die kommende Woche auf. Der Ort liegt im unteren Teil gute 800 m über Meereshöhe.
Unsere Vermieterin gibt uns neben frischem Obst ein paar Tipps. Wenn man die Straße den Berg weiter hinauf geht, kommt man an der Kirche und dem Friedhof vorbei. Beides wird noch genutzt, sieht aber schon recht verwunschen aus. Wenn die Dämmerung anbricht, wäre dies hier hier ein idealer Ort, um Vampire oder andere dunkle Gestalten aus dem Boden erstehen zu lassen... Außerdem soll es hier Bären geben, und das schreckt einige Personen vielleicht dann doch ab.
Beim Trekking Wasser und Schuhe nicht vergessen
Wenn man den Weg noch ein paar Hundert Meter weiter den Berg hoch geht, dann kommt man zu einer Schranke. Dort beginnt der Park. Wie wir an den Passanten gesehen haben, die an unserer Ferienwohnung vorbei gegangen sind, sind es rund 50 – 80 Touristen, die diesen Weg jeden Tag nehmen.
Wir gehen mit den Kindern einige Tage lang in den Park hinein. Nach 3 Tagen des Trainierens schnallen wir uns dann die Rucksäcke auf den Rücken, füllen die Wasserflaschen und steigen ohne die Kinder in den Berg ein.
Bei der Anreise hatten wir uns bei der Parkverwaltung zwischen Borjomi und Likani angemeldet. Dort hatten wir eine Wanderkarte gekauft. Der Berater hatte uns den Tipp gegeben, ausreichend Wasser bei uns zu tragen, weil es auf den höher gelegenen Teilen der Wanderwege keine Quellen mehr gebe. Wir gehen also mit genügend Vorräten in den Berg. Nur meine Wanderschuhe hatte ich in der Hektik des Aufbruchs in Tbilisi vergessen, was mehrfaches Umknicken mit sich bringt.
Wandern mit sportlichem Anspruch
Wir passieren die Schranke, gehen den geschotterten Weg ein paar Kilometer. Der Weg wechselt mehrfach die Seite des Baches im Tal, man muss also durch das Wasser stiefeln. Am Ende des Sommers kein Problem. Wer hier in der Zeit der Schneeschmelze durchgeht, hat wahrscheinlich nassere Socken.
Wir verlassen den geschotterten Weg an einer Stelle, an der Tags zuvor ein Parkranger eine französische Wandergruppe hatte rasten lassen. Nach ein paar Schluck Wasser geht es dann den Weg am Hang entlang. Rund eine Stunde geht es immer nur bergauf, auf einer Seite der Wald, auf der anderen das Tal. Eine Wandergruppe kommt uns entgegen, und einige der Teilnehmer sind so rot im Gesicht, als seien sie am Ende eines Marathonlaufes. Wir lassen sie passieren und steigen weiter in die Höhe.
Wenn man die Wanderwege der Eifel gewandert ist, dann ist man lockeren Untergrund gewohnt, man ist aber absolut verwöhnt, was die Beschilderung angeht. Da ich kein GPS habe, kann ich unsere Position nur ungefähr einschätzen. Immerhin ist einer der Wanderwege alle paar Kilometer mit einem Schild markiert. Und auch an den Bäumen finden sich Markierungen.
Beschilderung ist ausbaufähig
Wir kommen nun aus dem Tal heraus und gehen unterhalb der Bergkuppen hindurch. Die Steigungen werden milder, und Wasser gibt es hier oben tatsächlich nicht mehr. Ein zweites Frühstück, bevor eine Unterzuckerung kommt. Es gibt dazu einige wenige Bänke, aber genügend liegen gelassene Stämme, um Rast zu machen.
Wir gehen weiter die Bergkuppen entlang, an einem skelettierten Traktor vorbei. Schließlich ein Schild. Wanderweg Nr. 6. Nicht unsere Nummer! Wir beratschlagen uns. Ich werfe einen Blick auf die Karte. Demnach müssten wir an einer Abzweigung vorbei gelaufen sein, ohne diese gelesen zu haben. Ich entscheide, dass wir eine Viertelstunde zurück laufen sollen. Wenn die Abzweigung dann nicht kommt, haben wir ein Problem.
Die Abzweigung kommt nicht. Ich versuche den Weg auf der Karte mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen. Ein Königreich für einen GPS-Empfänger! Wir entscheiden uns zur Rückkehr.
Laut Karte sind wir von 835 m über NN aus unserem Haus bis auf eine Höhe von etwa 1.600 m gestiegen. Dies ist das mehrfache dessen, was man in einem Rutsch üblicherweise in der Eifel machen kann. Und dies zeigt, dass man im Naturpark nicht von einer Wanderung wie in einem Mittelgebirge ausgehen muss, sondern eher alpine Maßstäbe anlegen sollte.
Nun rächt es sich, dass ich die stabilen Wanderschuhe in Tbilisi vergessen habe. Ich knicke mehrfach um. Zum Glück stecken mehrere Erdumrundungen auf dem Rad in meinen Beinen und so bleibt das Umknicken ohne Folgen. Dafür machen die Muskeln in den Oberschenkeln knapp. Ich gehe nun mit steifen Beinen aus dem Becken heraus. Putins Schwulenfeinde würden mich bei dieser Art zu laufen gleich kreuzigen. Aber es bewahrt vor Krämpfen in den Muskeln.
Hinter der Schranke beginnt der Park
Müde passieren wir die Schranke und die Grenze des Naturparks. Wir stolpern zurück zur Wohnung. Ich lege mich erst einmal flach hin. Den Weg, den wir laufen wollten, haben wir nicht geschafft. Aber wir sind sehr stolz auf das Geleistete. Wir sind dieses Mal wirklich an die Grenzen gegangen.
Was bleibt nach dieser Tour? Als wir zurück in Tbilisi sind, sehe ich mir die Route bei Google Earth an und vergleiche mit der Karte. Wir sind gute 25 km gelaufen. Die Abzweigung haben wir nicht verpasst, sie wäre weniger als einen Kilometer entfernt gewesen. Die Entscheidung umzukehren war aber trotzdem sehr richtig. Denn wären wir die andere Route gelaufen, hätten wir einen unbekannten Weg vor uns gehabt. Und das Problem, aus dem nächsten Dorf abends noch ein Taxi nach Likani zu finden. Zwei Tage später fahren wir diese Strecke mit dem Auto. Das dauert schon eine Viertelstunde. Ich bereue es nicht, umgekehrt zu sein.
Ich seh den Sternenhimmel
Als Fazit aus dieser Tour nehme ich mit, dass man die richtige Ausrüstung mitnehmen sollte. Ein Gerät mit GPS ist nicht falsch. Ein Handy würde ich dazu nicht nehmen, denn dessen Akku ist schneller leer als die Tour zu Ende. Dann besser 100 Euro in eine reine elektronische Karte investieren. Wasser sollte auf jeden Fall genug dabei sein. Wanderschuhe sind ein Muss! Und auch wenn man lange durch den Wald läuft – ich habe jeden Tag Sonnenmilch mit Schutzfaktor 20 benutzt. Ich hatte selbst auf den Ohren keinen Sonnenbrand.
Woran ich mich dann ewig erinnern werde, das ist die Nacht als ich alleine auf der Veranda des Hauses gesessen habe, als alles still war und sich über mir der Nachthimmel wölbte. Bei einem Sedaseni habe ich den Kopf in den Nacken gelegt. So einen klaren Sternenhimmel sucht man in Deutschland vergebens.
Mehr Bilder aus dem Naturpark finden Sie in dieser
Bildergalerie Naturpark Borjomi-Charagauli.
Likani
Übersicht aller Reiseberichte Georgien 2013
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