Djwari-Kloster und Swetizchoweli-Kirche

Hochzeitsfieber in Mzcheta und Tbilissi

Der Samstag morgen bringt mir die Quittung: Beim Frühstück habe ich recht wenig Hunger, die 50 Aspirin allerdings, die ich aus Deutschland mitgebracht habe, bringe ich ohne sie angebrochen zu haben wieder nach Köln zurück. Den Kaffee trinkt man hier eher in der Form eine Nescafés, die Filtertüten wie in Deutschland oder der klassische italienische Espresso hat sich hier nicht durchgesetzt. Auch stark verbreitet ist der traditionelle Kaffee, der mit Satz aufgekocht wird.

Unser heutiger Ausflug bringt uns nach Mzcheta. Neben der Straße fallen mir die Reihen neuer Tankstellen auf, daneben sind geschlossene ältere ein häufiger Anblick. Allzuviele Kunden scheinen sie nicht zu haben, sie machen sich gegenseitig Konkurrenz. Die Preise für den Sprit liegen bei der Hälfte bis zu einem Drittel dessen, was wir in Deutschland zahlen. Wir passieren den Autobasar, viele Menschen haben in Deutschland ein Auto gekauft und bieten es hier an. Inzwischen ist aber der Markt auch hier gesättigt, manch einer bekommt seine alte Familienkutsche nicht los. Im Moment sind Kompakte eher angesagt. Auch die Kleinbusse sind kein gutes Geschäft mehr.

Das Dshwari-Kloster oberhalb von Mzcheta

Auf den Straßen sieht man das sowjetische Erbe, Ladas und Wolgas, daneben beherrschen Importe vor allem aus Deutschland das Bild. Beliebt sind vor allem Mercedes und BMW, nicht gerade die neuesten Modelle. Der osteuropäische Autokäufer ist konservativ, ein Auto muss hier ein Stufenheck besitzen, Vans gibt es hier nicht. Bei dem Zustand der Autos sollte man nicht wählerisch sein, TÜV-Ingenieure bekommen hier graue Haare, wenn sie manches Auto sehen, das sein Leben in Deutschland schon beendet hatte.

Die Straße nach Mzcheta ist uneben, aber leer. Auf den Straßenschildern an den Hauptstraßen sind die Ziele in georgisch und englisch aufgeführt, auf Nebenstraßen sollte man auch das kyrillische Alphabet beherrschen. Schon bevor man die Stadtgrenzen von Tiflis verläßt, grüßt das Djwari-Kloster von seiner Bergkuppe herunter, mächtig über dem Tal thronend und wie von einer überirdirschen Hand auf den Berg gesetzt. Unnahbar erscheint das Bauwerk, besuchen werden wir es erst gegen Ende unseres Aufenthaltes.

Die Swetizchoweli-Kirche in Mzcheta

Vor der Swetizchoweli-Kirche kann der Reisende sein Bedürfnis nach Souvenirs der Reise befriedigen. Eine ältere Frau bittet mich um eine finanzielle Unterstützung, mit der Routine eines Großstadtbewohners ignoriere ich ihre Bitte. In der gesamten Zeit in Georgien bin ich etwa so oft angeschnorrt worden, als hätte ich in Köln einmal den Dom umkreist und mich den dort stehenden Roma und Punks hingegeben. Allerdings ist man mir in Georgien nie in den Weg getreten, aggressiv geworden oder hat mir eine Geldbörse gestohlen.

Im Innenhof der Kirche sehen wir die Restaurierungsarbeiten. Die Kirche ist teilweise eingerüstet. Neben dem Hauptportal steht eine Glocke, diese ist vor wenigen Tagen aus Deutschland geliefert worden, die Georgienseite hatte darüber berichtet. In der Kirche selber sehen wir eine Trauung nach orthodoxem Ritus, es soll heute nicht die einzige Hochzeit bleiben, deren Zeuge wir werden. Unser Weg führt uns weiter zum Kloster Samtawro, in dem Nonnen ihrer geistlichen Bestimmung nachgehen.

Laridze-Wasser auf dem Rustaweli-Prospekt

Zurück in Tiflis steigen wir am Rustaweli-Prospekt aus, Samstag Nachmittag, eine hupende Autokolonne fährt vorbei. Ich habe nicht genau gezählt, in Verlaufe des Tages fahren rund 30 Hochzeitsgesellschaften an uns vorbei. Dieses Wochenende war das letzte im April, im Mai heiratet man traditionell nicht in Georgien, an diesem Samstag erledigen die Priester das Pensum eines gesamten Monats. Eigentlich dachte ich, das Hupen sei ein alter germanischer Brauch, hier werde ich eines Besseren belehrt, die Kolonnen fahren lärmend durch die Stadt.

Wir schlendern den Prospekt hinunter, trinken ein Laridze-Wasser, Geschmacksrichtung Schokolade, eigenartig und erfrischend zugleich. Das Ladenlokal strahlt den Charme eines sozialistischen Kurbetriebs aus, wirkt nüchtern aber aufgeräumt. Daneben bekommt man ein Chatschapuri, beide Lokale hatte man vor wenigen Jahren baulich voneinander getrennt. Alles zusammen bekommen wir zu einem Preis, für den man nicht einmal eine Stange Kölsch bekommt.

Als wir nach draußen treten, ist der Himmel endgültig aufgerissen, die Menschen laufen in frühlingshafter Kleidung herum. Vieles hatte ich in den vergangenen Monaten über die desolate Lage der georgischen Wirtschaft und die Armut der Bevölkerung gelesen. Das Bild auf der Straße zeigt Menschen, die alles andere als heruntergekommen aussehen. Auch wenn die Kleidung bei genauem Hinsehen billig wirkt, man macht etwas aus sich und läßt sich nicht hängen. Bei manchen älteren Menschen fällt mir der schlechte Zustand der Zähne auf, für eine Behandlung fehlt vielen das Geld.

Mir klingen die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes noch im Ohr: Gehen Sie in der Dunkelheit nicht alleine auf die Straße. Es hatte in den vergangenen Monaten mehrere zum Teil recht brutale Überfälle auf Westeuropäer gegeben. Wenn man sich die Fälle näher ansieht, hatten sich die Überfallenen meist selber nicht gerade sicherheitsbewußt verhalten. Auch in Hamburg sieht man die Sterne, wenn man nachts in den entsprechenden Lokalen verkehrt und danach ausgeraubt wird. In der gesamten Zeit bin ich kein einziges Mal bedroht worden, niemand hat mir in die Tasche gegriffen, nicht nach dem Auftritt des georgischen Staatsballetts und nicht nach einer georgischen Tafel in der U-Bahn. Handtaschen leben hier länger als in Spanien oder Portugal, der klassische Handtaschendiebstahl ist hier unbekannt.

Teil 3: McDonalds und Marschrutkas

Übersicht aller Reiseberichte Georgien 2001

Hier kommen Sie zur Übersicht aller Reiseberichte Georgien 2001