Bakurziche: Die Villa der Tschawtschawadses in Kacheti

In Bakurziche biegen wir links ab Richtung Gurdshaani / Telawi. Die Straße führt hier fast ständig durch bebautes Gebiet, die Bauernhäuser reihen sich links und rechts auf. Wir erreichen Zinandali und betreten einen Ort, in dem man georgische Geschichte nachverfolgen kann. Hier befindet sich die Residenz von Alexander Tschawtschawadse, einem der größten Dichter Georgiens.

Sein Vater allerdings wird mit gemischten Gefühlen gesehen. Er unterschrieb Ende des 18. Jahrhunderts den Freundschaftsvertrag mit Russland, der im Endeffekt mit der Annektierung Georgiens durch Russland endete. Als wir durch den Park gehen, sehen wir die Winterresidenz des früheren Präsidenten Eduard Schewardnadse, ebenfalls eine Person, die nun schon Geschichte ist. Dieses Gebäude sollte eigentlich wie die anderen Residenzen verkauft werden und den Staatshaushalt auffüllen, aber da es mitten im historischen Park liegt, hat die Regierung Saakaschwili darauf verzichtet.

Alexander Tschawtschawadse

Bekannter Dichter der georgischen Romantik (Anfang XIX. Jh.) und Militärperson der russischen Armee. Wurde vom russischen Reich mit mehreren Orden ausgezeichnet. Nahm aber auch am Aufstand 1832 gegen Russischen Zar teil. Wurde verhaftet, aber wegen hohem Verdienst für Zaristisches Russland wieder freigelassen.

Im Wohnhaus der Tschawtschawadses befindet sich ein Museum, in dem die militärische und schriftstellerische Geschichte des Hausherren dokumentiert ist. Gemälde und später auf Fotografien zeigen die Familie. Wer des Georgischen nicht mächtig ist, kann auch einen Führer in deutsch bekommen.

Ein Bild zeigt einen Überfall dagestanischer Reiter auf die Residenz, Dokument der Zeit, als Kacheti unruhig war und die Einwohner des öfteren Opfer von Überfällen wurden. Aber vielleicht aktueller denn je, denn gerade an diesem Tag, eine Woche nach dem Beginn der Geiselnahme von Hunderten von Kindern in Beslan, hat Russland eine neue Politik militärischer Präventivschläge gegen mutmaßliche Terrorziele verkündet. Und dieses Bild zeigt metaphorisch, daß davon auch Georgien betroffen sein könnte.

Weinkeller mit Degustation

Wenden wir uns aber den angenehmen Dingen des Lebens zu. Auf dem Grundstück des Parkes gibt es eine eigene Weinherstellung. Besucher haben die Möglichkeit, sich den Weinkeller aus dem Jahr 1882 anzusehen und an einer Degustation teilzunehmen. Wir werden in den Keller geführt, dort herrscht das ganze Jahr über eine gleichbleibende Temperatur von 15 Grad Celsius. Als wir dort sind, sind die Gewölbe leer, später im Jahr wird dort der Wein reifen.

Einen kostbaren Schatz erreichen wir in einem Seitengewölbe. Hier lagern 13.000 Flaschen, die ältesten aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Je weiter man nach hinten geht, desto jünger werden die Flaschen, und am Boden der Flaschen zeigt sich ein Unterschied in der Form. Die ältesten Flaschen haben einen stark nach innen gewölbten Boden, seit der Mitte des 20. Jh. ist dieser weitgehend flach. Fast alles was an Rebsorten Rang und Namen in der Welt hat, ist hier vertreten, nicht nur georgische Sorten, auch Cabernet Sauvignon und Riesling findet sich hier.

Eine Etage weiter oben kann man in einem großen Saal Wein probieren. Wir bekommen ein weißes und ein rotes Angebot, beide trocken und nach europäischer Art gereift, trockener als die Landweine, die sich in den Wochen zuvor in meine Gaumen ergossen haben.

Ich trage mich in das Gästebuch ein, ja, ein richtiges Gästebuch aus Papier, in das man mit einem Stift schreibt, kein virtuelles wie bei der Georgienseite. Natürlich kann ich es mir nicht verkneifen, die Webseite dort zu dokumentieren. Das Blättern im Gästebuch ist ein Stück Geschichte. Die ersten Einträge stammen aus dem Jahr 1984. Recht in der Mitte findet sich ein Eintrag von einem Offizier der Grenztruppen der DDR aus dem Herbst 1988. Ein Jahr später werden sich die Grenzen öffnen. Auch viele andere Besucher aus beiden deutschen Staaten waren hier. Wer diesen Weinkeller besucht, sollte unbedingt das Gästebuch durchblättern.

Update: Bakurziche im Reisebericht 2021