Was tun in Tbilissi im Regen?

Eine Möglichkeit ist, sich auf die Spuren der Kultur zu begeben. In der Innenstadt von Tbilissi gibt es dazu eine Reihe von Museen mit wechselnden und ständigen Ausstellungen. Aber auch die Staatliche Ilia Tschawtschawadse Universität bietet Räume, in denen man Geschichte und Wissenschaft präsentiert.

Nationales Museum

In diesem Museum erhält man einen Überblick über ca. 1,8 Mio Jahre georgischer Geschichte. Diese beginnt im Keller mit den Funden des Homo Erectus in Dmanissi und endet mit der sowjetischen Besatzung im Obergeschoss in der Zeit zwischen 1921 und 1991. 

Zum Zeitpunkt unseres Besuchs war eine Ausstellung im Keller aufgebaut, die wichtige Schädelfunde der Menschheitsgeschichte zeigt. Die Schädel sind auf Säulen drapiert. In der ersten Reihe steht neben Funden vergleichbarer Zeit ein Schädel aus Dmanissi. Sehr interessant ist auch der Fund des Kleinmenschen aus Flores, dessen geringe Größe im Vergleich zu den anderen Exemplaren des Erectus, Sapiens, Heidelbergensis und des Neanderthalers besonders auffällt. Repliken der fünf bislang gefundenen Schädel in Dmanissi sind in einer eigenen Vitrine ausgestellt. Auf der Basis dieser Schädel aufgebaute Plastiken lassen die Menschen lebendig werden.

Mehr Informationen zu den Grabungen in Dmanissi zeigen wir Ihnen im Kapitel Archäologie der Georgienseite

Auf der anderen Seite des Kellers sind weitere Fundstücke archäologischer Art ausgestellt. Viele der Stücke stammen aus Wani, einer Siedlung in der Kolchis, die ihre Blütezeit ca. 1.000 bis 500 Jahre vor Christi Geburt erlebte. Die besondere Bauart der Gräber in Wani hatte zur Folge, dass diese bis zu ihrer Erforschung im 20. Jahrhundert ungeöffnet blieben. Die Funde sind entsprechend reichhaltig und sie zeigen großen Reichtum. Viele der Gräber hatten Beigaben aus Gold mit faszinierender handwerklicher Qualität. Unter den Fundstücken befindet sich übrigens auch ein Hakenkreuz, das die Pseudowissenschaftler von Himmlers Ahnenerbe bestimmt gefreut hätte. Allerdings dreht sich das Kreuz anders herum als bei den Nazis. 

Je weiter man im Museum nach oben gelangt, desto jünger werden die Funde. Man sieht Holzfuhrwerke aus vorchristlicher Zeit, Äxte und Waffen aus Bronze, Amphoren und Gebrauchsgegenstände aus der Antike und der Zeitenwende. Ein weiterer Raum zeigt mit Büchern, Fresken und anderen Darstellungsformen die Entwicklung der georgischen Schrift in den letzten Jahrtausenden. 

Das oberste Stockwerk schließlich beherbergt das Museum der sowjetischen Okkupation. Dieses ist in der Zeit der Regierung Saakaschwili entstanden und wirft kein gutes Bild auf den Nachbarn Russland. In diesem Museum wird aufgeführt, wie die sowjetischen Eindringlinge die erste demokratische Republik 1921 in einem Blutbad ertränkten und die Kirche durch die Ermordung vieler Priester schwächten. Ein weiteres Thema sind die Säuberungen des aus Georgien stammenden Stalin. Eine Rechnung am Ende der Ausstellung kommt auf 80.000 Todesopfer durch Säuberungen, 400.000 durch Deportationen und weitere 400.000 Gefallene aus Georgien während des II. Weltkriegs. Eigenartig fand ist persönlich, dass es zum Zeitpunkt unseres Besuchs jede Menge russischer Touristen in der Ausstellung gab, die nicht randaliert haben.

Sammlung Lado Gudiaschwili

Der Maler Lado Gudiaschwili gilt als einer der wichtigsten Künstler Georgiens im 20. Jahrhundert, seinen Lebenslauf stellen wir hier auf der Georgienseite dar. Er war Teil der Gruppe „Blaue Hörner“, die sich im legendären Café Kimerioni im Rustaweli-Theater traf. In diesem Museum sind mehrere Gemälde aus seinem Werk ausgestellt. 

Lado Gudiaschwili gestaltete 1946 Fresken in der Kaschweti-Kirche in Tbilissi. Das brachte ihm Ärger mit der sowjetischen Führung ein. Er wurde aus der Partei ausgeschlossen. Ein Brief im Museum dokumentiert, wie ihm 1952 der Anspruch auf Rente aberkannt wurde. Und seine wütende Reaktion darauf. In den Jahrzehnten danach schuf Gudiaschwili einen Zyklus antifaschistischer Kunst. In kleinen Zeichungen setzt Gudiaschwili sich in der Form von Fabeln und zwischenmenschlichen Kontakten mit der Macht auseinander. Da lässt er die Dshwari-Kirche mit einem Hubschrauber stehlen, Menschen bekommen einen Einlauf mit dem Klistir für die künstlerische Interpretation, der Teufel sitzt oft mit am Tisch. Kinder sollte man in die zweite Etage vielleicht nicht mit rein nehmen. Dieser Teil der Ausstellung ist aber meiner persönlichen Meinung nach sehr sehenswert! 

Nationales Museum der Schönen Künste

Im Vergleich mit Museen in Rotterdam oder Mailand ist die Sammlung des Museums der Schönen Künste in Tbilissi recht klein. Gerade einmal zwei Säle hängen voll mit Werken von Malern. Die Namen haben es aber in sich. Neben einigen Werken von Malern aus der niederländischen Schule und aus Italien finden sich viele Werke bedeutender georgischer Künstler an einem Platz. Dazu zählen Lado Gudiaschwili, Elene Achwladiani und Niko Pirosmani. Ein Jagdbild mit einer Szene vom Schwarzen Meer füllt fast die gesamte Länge einer kurzen Wand. 

Beeindruckend ist die Bandbreite der georgischen Malerei, die hier dargestellt wird. Obwohl Georgien seit dem Einfall der Sowjets 1921 weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten war, zeigen sich hier in den Werken, die in den 1920er Jahren entstanden sind, starke Einflüsse des Expressionismus und anderer aktueller Strömungen. Grund dafür sind unter anderem deutsche Lehrer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts an den Kunsthochschulen unterrichtet haben. Sozialistischen Realismus, den man an manchen Orten Georgien auch heute noch in Resten findet, darf man hier eher nicht erwarten. 

Das Museum liefert einen guten Überblick über das Schaffen der georgischen Malerei in den vergangenen 100 Jahren.

Museum der Emigration in der Universität

Die Staatliche Ilia Tschawtschawadse Universität hat ein Museum der Emigration eingerichtet. Dort finden sich Dokumente von Menschen aus Georgien, die in den vergangenen knapp 200 Jahren aus politischen oder persönlichen Gründen ihre georgische Heimat verlassen haben. Viele der Dokumente, nach Angaben des Museums rund 90%, sind als Originale zu sehen. 

Ein großer Teil der Sammlung geht auf die Aktivitäten von Guram Scharadse zurück. Er hatte jahrelang über Georgier in der Emigration geforscht und die Lebenslinien vieler Menschen dokumentiert. 2006 wurde er ermordet, der wahrscheinlich aus politischen Gründen in der Zeit des Saakaschwili erfolgte Mord ist bis heute nicht aufgeklärt. 

In der Ausstellung sind auch Spuren aus Deutschland zu finden. Ein Beispiel sind die Einsätze des U-Bootes UB-42 während des 1. Weltkriegs. Das Boot brachte mehrfach Männer georgischer Herkunft im Schutz der Nacht an die Küste des Schwarzen Meeres, um Widerständler in Georgien im Kampf gegen die russische Macht zu unterstützen. 

Übersicht aller Reiseberichte Tbilissi zu Ostern 2017

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