Tabatskuri-See und jede Menge Röhren

Was macht man, wenn der eigene Schwager keinen Urlaub nehmen und einen fahren kann, der nächste Verwandte 300 km entfernt herumhängt und man keine Lust hat, den ganzen Tag in Bakuriani herumzuhängen? Wir fragen bei unseren Hotelbesitzern herum und bekommen mehrere Angebote dafür, in Bakuriani und Umgebung herumgefahren zu werden. Die Angebote reichen von 100 Dollar für einen ganzen Tag im Niva bis runter nach Wardsia und 40 Lari für die mehrstündige Tour zum Tabazkuri-See. Wir nehmen das letztere Angebot.

Tabatskuri-See

An der Wasserscheide von Bordshomi und Achalziche gelegen, 1991 m ü. NN: 221 Mio. m³ Wasservolumen. Dezember bis März gefroren, fischreich.

Über die Baustelle der BTC

So machen wir uns morgens um 10:00 Uhr auf den Weg. Die Strecke führt uns unter der Schranke hindurch, an der ich vor wenigen Tagen nach rechts abgebogen war. Wir fahren nun die Straße weiter, die von den Baufahrzeugen der Pipeline benutzt wird. Rasch steigt die Straße aus dem Tal und dann die Bergflanken entlang in die Höhe.

Wir sehen die Trasse der BTC, kreuzen in einem wunderschönen Tal die Baustelle. Die Röhre wird gerade unter der Straße hindurch verlegt. Teilweise liegen unten im Tal und die Berghänge hinauf schon die Stahlröhren, allerdings oberirdisch. Drei Wochen zuvor hatte das Umweltministerium den Bau nach zwei Wochen Stopp wieder freigegeben, mit Auflagen für höhere Umweltstandards. Trotzdem gab es nur eine Woche vor unserer Begegnung mit der BTC eine Demonstration in Bordshomi gegen den Bau der Pipeline, weil die Bewohner die Gefahren für die Umwelt fürchten. Und dort, wo wir gerade hinwollen, hatte es nur wenige Tage zuvor eine Demonstration gegen die Pipeline gegeben, bei der fünf Polizisten verletzt wurden. Hatten wir deshalb in den letzten Tagen Jungs in Armeeuniform in Bakuriani gesehen?

Mit dem Lada 1300 den Hang hinauf

Die Trasse der BTC folgt zum großen Teil einer Hochspannungsleitung, die hier am Fluss entlang grob Richtung Tbilisi verläuft. Auf der Strecke zum See sehen wir die Trasse einige Male wieder.

Nach wenigen Kilometern windet sich die Straße über die Baumgrenze in die Höhe. Auf der Hangseite und in den Tälern kann man die Behausungen von Hirten sehen, die hier ihre Tiere auf der Sommerweide beaufsichtigen. Mehrfach kommen Hirten uns auf Pferden entgegen. Dies ist nicht nur die umweltverträglichste, sondern auch die geländegängigste Art, sich hier fortzubewegen.

Die Straße ist, wenn sie bergauf führt, in den Hang eingeschnitten, oft als eine gerade Linie in am Hang auszumachen. Ich frage mich, ob auch hier deutsche Kriegsgefangene gearbeitet haben, mein Fahrer weiß allerdings nur von einem Treffen in Bordshomi im Vorjahr zu berichten. Unser Lada 1300 schafft die meisten Steigungen im zweiten Gang ohne große Probleme. Noch vor einem Jahr war die Straße allerdings selbst im Niva kaum zu bewältigen. Für den Bau der BTC ist die Verbindung wie einige andere auch rund um Bakuriani instand gesetzt worden.

Ruinen aus der Sowjetzeit

Auf der Passhöhe grüßen zwei Betonruinen aus der Sowjetzeit. Eine von ihnen, weiß unser Fahrer zu erzählen, war früher ein Posten der Roten Armee. Von Radaranlagen und Antennen ist hier nichts mehr zu sehen, nur die Grundmauern der Gebäude stehen noch leer in der Landschaft. Und die Toyotas der BTC-Baugesellschaft sorgen für regen Verkehr und die Erinnerung an die Neuzeit.

Vor uns taucht der erste Schimmer des Tabazkuri-Sees auf. Als wir näher kommen, fühle ich mich an die Küste Nordnorwegens versetzt, wo ich zuletzt vor 13 Jahren mit dem Rad auf Reise war. Der See, die fehlenden Bäume, die Insel im See, die Holzhäuser und die geschotterte Straße könnten genauso gut am nördlichen Atlantik liegen.

Tabazkuri am See

Tabazkuri ist eine aserbaidschanische Enklave in Georgien. Die Häuser sehen wie in vielen Teilen Georgiens teilweise verfallen aus, den Anschluss an die Gegenwart zeigen aber die Satellitenantennen auf den Dächern.

Der See selber ist eingebettet in ein Bergpanorama, das den Blick auf mehrere Bergketten hintereinander freigibt. Man kommt mit dem Auto nur an wenigen Stellen an den See heran, so in der Bucht, die die Landzunge vom See abtrennt. Wir fahren auf einen Bauernhof, Verwandte unseres Fahrers, die Frauen sprechen gar kein georgisch, die Männer teilweise.

Auf dem Rückweg überlege ich, daß die Strecke eigentlich recht gut mit dem MTB zu befahren wäre. Wenn die Röhre in der Erde liegt, wird der Verkehr auf der Strecke um mehr als die Hälfte abnehmen. Eine durchgängige Verbindung von Tbilisi aus entlang der Röhre, auch hier am See entlang, wäre eine gute Strecke, die man in wenigen Tagen bewältigen könnte. Vielleicht ein Projekt meiner früheren beruflichen Tätigkeit, um das ich mich nach meiner Rente in Georgien kümmern könnte.

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