Wani - griechische Siedlung in Kolchis
Wani (ვანი) ist eine Kleinstadt in Westgeorgien rund 60 km von der Küste des Schwarzen Meeres entfernt. Die Stadt liegt an der Mündung des Atschwledianebis in den Rioni am Nordhang des Kaukasus beim Übergang zur kolchischen Tiefebene in der Region Imereti. Die nächst größere Stadt Kutaissi liegt rund 25 nordöstlich von Vani.
Das Besondere an Wani ist seine Vergangenheit. Bereits mehrere Jahrhunderte vor Christus erkannten griechische Händler den günstigen Standort und gründeten dort eine Handelsniederlassung. Dass die Stadt einmal reiche Bewohner hatte, zeigen die Goldfunde in den Gräbern, die Archäologen dort in den letzten Jahrhunderten ausgegraben haben.
Geographische Lage von Wani
Die Lage der Stadt entspricht einer günstigen Lage zu den seinerzeit üblichen Verkehrswegen, in diesem Fall der Mündung in den Rioni.
Der römische Geschichtsschreiber Plinius verortet das heutige Wani am Rande des Phasis, wie der Rioni im Altertum genannt wurde. Laut Plinius war der Fluss bis zu diesem Ort schiffbar. Andere Quellen berichten, dass es eine durchgängige Schiffbarkeit von der Hafenstadt Poti (früher Phasis genannt) bis nach Kutaissi gab.
Die Ebene des Kolchis bot über Jahrhunderte hinweg keine sehr gesunde Wohnlage. In der flachen Ebene, gerade im Hinterland von Poti, hatten sich Sümpfe gebildet. Dort lebten Mücken, die Krankheiten wie Malaria übertrugen. Erst durch Maßnahmen im 20. Jahrhundert wurde die kolchische Tiefebene bewohnbar. Das heutige Wani lag in einer leichten Höhenlage und bot sich daher als Siedlungsort an.
Die Siedlung selber ist über einen Zeitraum von rund 1.000 Jahren im Jahrtausend vor Christi Geburt kontinuierlich bewohnt gewesen. Sie breitet sich auf drei natürlichen Terrassen am Hang eines Hügels aus. Dort entstand eine burgähnliche Anlage mit Umfassungsmauern, vor der sich Handwerker ansiedelten. In der Nähe dieser Siedlung fand man die Felsengräber, aus denen die Goldfunde stammen. Dieser Stadt ordnet man den Namen Saqanchia zu.
Archäologische Funde seit 1876
Auf den Feldern bei Wani fand man bereits im Jahr 1876 goldene Relikte. Eine systematische Ausgrabung begann 1896. Um 1960 fanden die ersten größeren Grabungskampagnen statt.
Dabei förderten die Archäologen reich ausgestattete Felsengräber zu Tage, die Grabbeigaben aus Edelmetall enthielten. Diese Gräber konnten auf den Zeitraum des 8. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. datiert werden. Der dort gefundene Goldschmuck weist bereits einen sehr hohen handwerklichen Standard auf, Stil und Ausführung entsprechen denen aus Persien zu jener Zeit.
Ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. macht sich dann der griechische Einfluss bemerkbar. Dies zeigt sich vor allen in makedonischen Münzen, die man in den Gräbern fand.
Die Funde sind recht gut erhalten. Dies hat seinen Grund in der Ausstattung der Gräber. Diese wurden als Gruben in den Fels geschlagen und dann mit einem Ausbau aus Holz versehen, in dem der Tote bestattet wurde. Das Grab wurde dann mit Erde aufgefüllt und versiegelt, so dass es von außen nicht mehr zu erkennen war. Dies führte zu einem guten Schutz vor Grabräubern.
Siedlungsperioden in Wani
Archäologen ordnen die Besiedlung in Wani in vier Perioden ein:
8. und 7. Jh. v. Chr.
Auf der zentralen Terrasse wurde ein 90 m² großer Opferplatz gefunden. Dort fand man tönerne Miniaturaltäre, verschiedene Tieridole, zahlreiche Tierknochen, zerschlagenes Tongeschirr und verstreute Asche. Dies Funde deuten auf einen bedeutenden Kultplatz mit starker Opfertätigkeit hin.
6. bis erste Hälfte 4. Jh. v. Chr.
Diese Periode gilt als die Blütezeit des Staates Kolchis. Funde weisen auf eine hochentwickelte Metallverarbeitung hin. Zudem findet man aus Griechenland importierte Keramik.
Mitte 4. Jh. bis 3. Jh. v. Chr.
Es gibt umfangreiche Neubauten in Steinarchitektur. Der Opferplatz bekommt ein Pflaster. Am Platz entsteht ein großes Gebäude aus weißem Alabaster und eine Tempelhalle mit Halbsäulen. Die Ausgräber fanden Bestattungskammern aus Holz, darin Sarkophage mit Ziegeldächern und Steinabdeckungen. Der griechische Einfluss setzt sich durch, man übernimmt griechische Bestattungssitten. Dabei näht man bei der Bestattung Votivfiguren aus Bronze oder Eisen in Gewänder ein. Diese bestattet man teilweise mit dem Gesicht nach unten in besonderen Vertiefungen.
3. bis 1. Jh. v. Chr.
In der letzten Siedlungsperiode wird Wani zu einer typisch provinziellen Tempelstadt mit kleinasiatischem Charakter. In der Stadt gab es zahlreiche bauliche Veränderungen. So schleifte man die alten Befestigungen und baute neue. Es entstanden ein großer Tempelkomplex von 800 m², der Tempel-Propyläen genannt wurde, zudem eine lange Prozessionsstraße, rechtwinklige neue Opfernischen und ein 22 m tiefer Schacht. Dessen Funktion ist nicht ganz geklärt, es könnte ein Brunnen oder eine Zisterne gewesen sein.
Der bedeutendste Fund aus dieser Zeit ist der Torso eines männlichen Jugendlichen, der im Archäologischen Museum ausgestellt ist.
Zerstörungen und Stagnation
Im 1. Jahrhundert v. Chr. haben Archäologen zwei Horizonte mit Spuren von Zerstörungen ausgemacht. Die erste Schicht stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 49 v. Chr. mit dem Überfall des pontischen Königs Pharnakes II. auf Kolchis. Die zweite Schicht kann wahrscheinlich dem Einfall des Königs Mithridates VII. um 47 v. Chr. zugeordnet werden.
Nach den Überfällen begann die Bedeutung von Wani zu schwinden. Es setzte eine Stagnation ein. Auch im Mittelalter hatte der Ort keine größere Bedeutung mehr.
Neubau des Museums
Im Mai 2016 begann man mit dem Abriss des bisherigen Museums und dem Bau eines neuen. Dieses soll einen besseren Zugang zu den Stätten der Grabungen liefern.
Weitere Informationen
Reisebericht Wani mit Bildern aus dem damaligen Museum (2002)