Akaki Zereteli: georgischer Schriftsteller und Dichter

Akaki Zereteli wurde 1840 am 9. Juni 1840 in Skhvitori geboren, einem Dorf in der Provinz oberes Imereti in Georgien. Die Familie gehörte einem alten georgischen Adelsgeschlecht an, seine Mutter entstammte der Erblinie des imeritinischen Königshauses. Viele Mitglieder der Familie hatten kamen beruflich in Führungspositionen. 

Akakis Vater Rostom Tsereteli galt als guter Schachspieler und ebenso intelligenter wie witziger Gesprächspartner. Später schrieb Akaki, dass er die Sprachfähigkeit seines Vaters, die er an alle fünf Brüder vererbt habe, als Gnade Gottes gesehen habe. 

Seine Mutter Catherine war die Tochter des Feudalherrn Ivan Abaschidse. Er hatte sich an einem Aufstand in Imereti 1820 beteiligt, der von den russischen Truppen niedergeschlagen wurde. Iwan Abaschidse floh zuerst in die Türkei und wurde später in Achalziche getötet. Akaki erzählte später über seine Mutter, dass sie sehr liebevoll gewesen sei und ihre Kinder bei jeder möglichen Gelegenheit in den Arm genommen habe. Zugleich berichten andere Quellen, dass sie auf seine körperliche Erziehung sehr viel Augenmerk gerichtet und dafür Sorge getragen habe, dass er nicht zu empfindlich aufgewachsen sei. Als Kind sei Akaki schwächlich und ängstlich gewesen. 

Es war Brauch in der Familie, dass die Kinder bei einer Bauernfamilie aufwachsen sollten. Akaki kam zu einer Kinderfrau in Satseretlo, ebenfalls im oberen Imereti gelegen. Die Familie der Bauern lebte damals in bitterer Armut. Das Bauernhaus hatte keine Fenster, war aus Holz zusammengezimmert und verfügte über ein Strohdach. Akaki ging mit den anderen Mitgliedern der Bauernfamilie aufs Feld, bereitete die Mahlzeiten mit zu und half im Haushalt. Diese Form der Erziehung sorgte dafür, dass Zereteli schon in jungen Jahren erfuhr, welche Bedeutung die Arbeit des Bauern und im Haushalt hat. Zugleich spielte er mit den Kindern zusammen. Er sei barfuß über die Felder gelaufen und habe sich nicht vor Hitze noch Kälte gescheut, berichten Zeitzeugen über die Erziehung des jungen Akaki. 

Schon in der Kindheit habe Akaki angefangen, mit Vergnügen Bücher zu lesen. Im Alter von 8 bis 10 Jahren habe er sich nach dem Frühstück hingesetzt und neue Bücher gelesen. Vom „Recken im Tigerfell“, dem georgischen Standardwerk von Schota Rustaweli, sei er so fasziniert gewesen, dass er alles um sich herum vergessen habe.

Schule und Studium

Ab dem 6. Lebensjahr besuchte Akaki Zereteli eine regionale Schule, wechselte dann auf das Georgische Gymnasium in Kutaissi, das er mit dem Abitur abschloss. An die Schule schloss sich ein Studium der Orientalistik in St. Petersburg an. Er schloss mit einer Arbeit über georgische Literatur sein Studium ab und kehrte nach Georgien zurück. Bereits in der Zeit seines Studiums hatte Zereteli mit dem Schreiben von Gedichten begonnen.

Wohnsitze in Georgien und Russland

1862 kehrte Akaki Zereteli nach Georgien in sein Heimatdorf zurück. Er hatte jedoch in Russland die Luft einer Großstadt eingesogen. So zog er im Sommer des gleichen Jahres nach Tbilissi. 

Anfang 1863 ging Zereteli wieder nach Russland. Hier heiratete er seine Frau Natalie Basilewskaja. Ab 1864 lebte er in Moskau und arbeitete dort an einer Doktorarbeit. Anschließend zog er mit seiner Frau nach Kutaissi.

Gedichte zu sozialen Themen

In seinen Gedichten griff Zereteli nun Themen der Zeit auf. Er, der die ersten Jahre seines Leben in einer Bauernfamilie zugebracht hatte, machte nun die Leibeigenschaft der Bauern im russischen Zarenreich zu seinem Thema. In einem im Mai 1864 erschienenen Gedicht drückte er seine Hoffnung aus, dass es in baldiger Zukunft zur Befreiung der Bauern von der Leibeigenschaft kommen könne. Damit hatte Zereteli seine Themen gefunden, die ihn die folgenden Jahre als Schriftsteller, Autor und Journalist beschäftigen sollten.

Akaki weigerte sich, eine Laufbahn in einer öffentlichen Verwaltung oder bei einer Bank anzunehmen. Dies führte zu Auseinandersetzungen in seiner Familie, vor allem mit seinem Vater. Um diese Zeit in den 1870er Jahren begann die Ausbeutung der Bodenschätze in der Provinz Imereti einen immer größeren Stellenwert einzunehmen. Die Manganmine in Tschiatura, nicht weit entfernt von seinem Geburtsort, war zu dieser Ort der wichtigste Lieferant für diesen Grundstoff zur Stahlherstellung weltweit. Entsprechend wichtig war die wirtschaftliche Position des Adels in der Region zu dieser Zeit und der Kampf und die Verteilung der Rechte zur Ausbeutung der Ressourcen.

Freiheit wird Thema für Zereteli

Zereteli sollte sich die nächsten Jahrzehnte für die Freiheit der Menschen in Georgien einsetzen, ungeachtet ihres sozialen Status. Sein Thema war der Kampf um die Freiheit, was sich vor allem in seinen Gedichten manifestierte. Er selbst betrachtete sein Schreiben als die stärkste und wichtigste Waffe für die Gerechtigkeit. 

Der Einsatz für die Schwachen und Benachteiligten im Land brachte Zereteli den Ruf eines Volksdichters in Georgien ein.

Einfluss auf die georgische Sprache

In den 1860er Jahren begann mit den Werken der damals jungen Schriftsteller wie Akaki Zereteli und Ilia Tschawtschawadse ein Umbruch in der georgischen Schriftsprache zu vollziehen. Bis dato hatte die archaische georgische Sprache die Literatur dominiert. Die neue Generation von Schriftstellern brachte ihre Werke in der lebendigen Sprache des Volkes heraus. Sie warfen den Ballast der schwerfälligen alten Sprache ab, verzichteten auf überflüssige Buchstaben, vereinfachten das Alphabet, modernisierten den Satzbau und wendeten sich gegen die Verwendung russischer Begriffe in der georgischen Sprache, die seinerzeit stark in Mode gekommen war. 

Zeit des Umbruchs in Georgien

Dieser Umbruch vollzog sich in einer Zeit des Wandels in Georgien. In den Jahrhunderten zuvor hatte das Land unter der Besatzung externer Mächte wie Türken und Persern sowie Überfällen aus Richtung Zentralasien gelitten. Nach der Annektierung Georgiens durch Russland im Jahr 1801 war es mehrere Jahrzehnte lang zu Aufständen gekommen, woran sich ja auch die Familie von Zereteli beteiligt hatte. Russland hatte zu diesem Zeitpunkt zwar eine starke Zensur in Georgien, zugleich pumpte das Land aber auch Investitionen nach Georgien. Tbilissi sollte zu einem regionalen Machtzentrum ausgebaut werden. In der Stadt entstanden zahlreiche neue Bauwerke, die zu einem großen Teil von deutschen Architekten errichtet wurden. 

Nach den Aufständen zu Beginn des 19. Jahrhunderts herrschte nun Ruhe in Georgien, zudem begann die Zeit der Industrialisierung und läutete das Ende der bäuerlichen Wirtschaft ein. In diese Zeit des Umbruchs fallen die schriftstellerischen Aktivitäten von Zereteli und Tschawtschawadse. 

Bedeutend ist hierbei auch, dass diese Generation von Bildungsbürgern nicht in Georgien studiert hat. Es gab noch keine Universität im Kaukasus. Diese jungen Männer aus oft adligem Hause zogen nach Russland und sehr oft nach St. Petersburg, um dort ihre akademische Ausbildung zu vollziehen. Dort kamen sie in Kontakt mit anderen Ideen als in ihrer Heimat. Erst 1918 sollten Iwane Jawachischwili, Ektwime Takaischwili und weitere Persönlichkeiten die erste Universität im Kaukasus gründen. 

Die Reisenden in Sachen akademischer Ausbildung nutzten im 19. Jahrhundert meist die georgische Heerstraße, um nach Russland zu gelangen. Diese brachten ihnen den Namen „Terdaleuli“ ein, die „aus dem Wasser des Tergi tranken“.

Multi Channel Marketing: Romane, Gedichte, Theater

Akaki Zereteli hat als Autor Multi Channel Marketing betrieben: Er hat Artikel publiziert, Gedichte verfasst, Romane und Theaterstücke geschrieben. Kritiker bescheinigten ihm, dass er in allen Kanälen großartige Arbeit geleistet habe. 

Im Theater hatte Zereteli die Gelegenheit, die Resonanz des Publikums auf seine Arbeit direkt überprüfen zu lassen. Er leistete einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer lebendigen Theaterszene in Georgien. Seine Stücke wurden in Tbilissi, Kutaissi, Gori und anderen Städten in Georgien aufgeführt. Er galt als Garant für volle Häuser. Mit den Stücken wollte er seine Gedanken von Freiheit und fortschrittlichem Denken vermitteln.

Erster georgischer Film mit Zereteli

Was den Umgang mit modernen Medien anging, zeigte Akaki Zereteli sich auch gegen Ende seines Lebens auf der Höhe der Zeit. Als 1912 der erste Film in Georgien gedreht wurde, war dies ein Dokumentarfilm, der Zereteli zu seinem 72. Geburtstag würdigte. Der Film zeigte ihn auf einer Reise durch Westgeorgien.

Zeitschriften

Akaki Zereteli verdiente seinen Lebensunterhalt in den ersten Jahren als freier Autor und schrieb für eine Reihe von Zeitschriften, darunter die von Ilia Tschawtschawadse gegründete „Iweria“. Er brachte eine eigene Zeitschrift mit einer monatlichen Sammlung seiner Artikel heraus. 

Im Jahr 1907 gründete Zereteli die satirisch angelegte Zeitschrift „Joker“. Ziel dieser Zeitschrift sollte es sein, über die Schattenseiten des öffentlichen Lebens zu berichten. Dies brachte Zereteli Ärger mit den zaristischen Behörden ein. Nach einem Artikel über den Gouverneur wurde er festgenommen. Wegen seiner großen Popularität unter der Bevölkerung ließ man ihn nach einer Nacht in Haft aber wieder frei. 

Suliko

Wenn es ein Werk von Akaki Zereteli gibt, das Menschen kennen, die vielleicht noch nie von Georgien gehört haben oder vielleicht nur von Stalin, dann ist es kein Roman und kein Theaterstück, sondern ein Musikstück: Suliko. 

Akaki Zereteli schrieb den Text zu dem Lied im Jahr 1895. Er veröffentlichte den Text in der Zeitschrift „Kvali“ („Furche“) der Sozialdemokraten. Kurz danach bat er seine Cousine Barbara (bzw. Varinka) Zereteli aus Sestaponi, ein Stück zu dem Text zu komponieren, das man auf der Gitarre als Melodie spielen konnte. Sie erfüllte den Auftrag und spielte Suliko ab 1898 bei Auftritten. Die britische Phonograph presste im Haus des Schriftstellers Iwan Machabeli in Tbilissi Schallplatten mit Suliko. Varinka Zereteli brachte das Lied 1905 bei einem Auftritt im Volkstheater Kutaissi auf die Bühne. 

Eine über Georgien hinausgehende Popularität erreichte Suliko ab 1937, in der Zeit Stalins. In einer Woche der georgischen Kultur in Moskau brachte das Frauengesangsensemble Auxentius Megrelidze Suliko erstmals einem größeren Publikum nördlich des Kaukasus zu Gehör. Stalin fand an dem Lied Gefallen und ließ es auf Tonträger pressen. Seit dieser Zeit gilt Suliko als Stalins Lieblingslied. 

Die nächsten Jahrzehnte galt Suliko als populäres Volkslied. Die Geschichte seiner Entstehung und die Namen der beiden Autoren für Text und Musik blieben der Allgemeinheit allerdings bis in die 1980er Jahre meist unbekannt.

Gesundheitliche Probleme im Alter

Die gesundheitlichen Folgen des Alters machten auch vor dem georgischen Dichterfürsten Akaki Zereteli nicht halt. Im Oktober 1904 erlitt er einen Schlaganfall. Er rang einige Monate mit den Folgen des Anfalls, Ende Dezember erholte er sich wieder zum größten Teil. Ein Teil seines Gesichtes blieb als Folge des Schlaganfalls gelähmt, die Bewegung seiner Augen war nur noch eingeschränkt möglich. 

Im Frühjahr 1905 verließ Zereteli Georgien, um sich nach dem Schlaganfall behandeln zu lassen. Im September 1905 kehrte er nach Georgien zurück.

Mord an Ilia Tschawtschawadse

Der berühmte georgische Schriftsteller Ilia Tschawtschawadse, Wegbegleiter und Freund von Akaki Zereteli, wurde am 28. August 1907 bei der Rückkehr von einer Sitzungsperiode der russischen Staatsduma nördlich von Tbilissi ermordet. Dieses Attentat erwies sich für die Menschen in Georgien als ein Schock, so auch besonders für Zereteli. Zeitzeugen berichten, dass der Trauerzug seinerzeit vor dem Haus von Zereteli angehalten und man den erkrankten Schriftsteller aus dem Haus geholt habe. Zereteli habe geweint, dann aber noch eine Grabrede zu Ehren seines toten Freundes gehalten.

Tod in der Heimat

Bis zum Ende seines Lebens setzte Zereteli seine schriftstellerische Arbeit fort. Im Jahr 1909 ging er zu einer Behandlung nach Paris, wo er bis 1910 blieb. 
Ende 1914 fühlte Zereteli sich bereits sehr schwach. Man brachte ihn nach Skhvitori in den Kreis der Familie in der Provinz Imereti. Am 24. Dezember erlitt er den dritten Schlaganfall. Die Nachricht verbreitete sich rasch in der Bevölkerung. Die anderen Familienmitglieder reisten in die Heimat, um bei Akaki zu sein. Am 25. Januar 1915 erlitt er einen weiteren Schlaganfall. In der folgenden Nacht starb er. 

Nach seinem Tod brachte man die sterblichen Überreste von Akaki Zereteli nach Tbilissi. Er wurde auf dem Friedhof Mtazminda Pantheon begraben, in der Nachbarschaft vieler berühmter Künstler und bedeutender Persönlichkeiten in Georgien.

Heutige Spuren in Georgien

Akaki Zereteli ist auch im 21. Jahrhundert unvergessen in Georgien. Wer durch die Innenstadt von Tbilissi schlendert, kommt unweigerlich am Denkmal vor dem 1. Klassischen Gymnasium am Rustaweli-Prospekt vorbei, das Akaki Zereteli neben Ilia Tschawtschawadse zeigt. 

  • Die Vorderseite des Geldscheins für 10 Lari zeigt ein Portrait von Akaki Zereteli 
  • Die Universität in Kutaissi trägt seinen Namen 
  • Eine Station der Metro in Tbilissi ist nach Zereteli benannt

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